Interview mit Andi Sander

Neben Physiotherapie und ruhigen Ostertagen mit der Familie nahm sich Andi Sander die Zeit um unseren Vereinsmitgliedern und Nachwuchsrennfahrern Fiona und Philipp Schatz einige Fragen rund um den Skiweltcup und den Alltag als Profiskifahrer zu beantworten.

In dem Interview verrät Andi wie sein Tagesablauf aussieht, warum sich Olympia vom Weltcup unterscheidet, aber auch an welche Piste im Sauerland er sich noch erinnern kann.

Fiona: Wie viele Ski hast Du?

Andi: Das weiß ich gar nicht genau. 1, 2 Paar Slalomski für Übungen, 4 Paar Riesenslalom und ca. 20 Paar für Abfahrt und Super G.

Fiona: Wie unterscheiden sich die Ski?

Andi: Die Ski unterscheiden sich in der Struktur und im Aufbau. Der Eine ist auf Eis, der Andere bei weicheren oder der Nächste bei aggressiveren, kälteren Bedingungen besser.  Gerade bei Speedski ist es oft so, daß die Ski schneller werden wenn man sie länger und öfter fährt. Meistens fahre ich die ersten Rennen mit älteren Ski, dann gibt es Ski die brauchen noch ein Jahr, die fahre ich dann erstmal im Training.

Philipp: Mit wieviel Jahren bist Du dein erstes Weltcup Rennen gefahren?

Andi: Das war 2008, da war ich 19.

Philipp: Was ist der Unterschied zwischen einem Weltcup Rennen und einer Olympiade?

Andi: Weltcup ist eine Rennserie. Man hat mehrere Rennen im Jahr, meistens um die 10 Abfahrten und 6 Super-G. Die besten 30  eines Rennens bekommen Weltcup Punkte. Wenn man im Weltcup einmal ausscheidet, kann man das im nächsten Rennen wieder gut machen.

Olympia ist nur alle 4 Jahre. Das ist das Highlight. Es fahren meisten dieselben Leute mit wie im Weltcup, aber die Nationen haben nur 4 Startplätze, im Weltcup meistens mehr. Bei Olympia geht es um Medaillen, da zählen nur die ersten drei Plätze. Der 15 Platz bringt dann nicht ganz so viel da es bei Olympia keine Punkte gibt. Aber es ist etwas Besonderes, da ist die ganze Welt und alle Wintersportarten an einem  Ort bzw. einer Region zusammen sind.

Fiona: Was war das schönste Skigebiet in dem Du ein Rennen hattest?

Andi: Das kann ich so gar nicht beantworten. Ein ganz spezielles Skigebiet ist auf jeden Fall Wengen wo ich so vielleicht gar nicht hingekommen wäre. Man fährt da mit einem Zug auf den Berg und man hat dort vom Start den besten Ausblick des Jahres auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Daher gehört Wengen mit zu den schönsten Rennen. Aber es gibt auch noch sehr schöne Skigebiete in den USA, z.B. Aspen.

Fiona: Gibt es ein Skigebiet, das Du gar nicht magst?

Andi: Bei Weltcuprennen gibt es zum Glück keins, das ich nicht mag. Früher gab es ganz spezielle Rennen z.B. in Slowenien mit ganz alten Liften in ganz kleinen Skigebieten die nur aus einer Piste bestanden. Oder in der französischen Schweiz mit alten Tellerliften und alten Unterkünften, da war es vielleicht mal nicht ganz so schön.

Philipp: Warum fährst Du Abfahrt und Super-G und nicht Slalom oder Riesenslalom?

Andi: Ich bin relativ spät dazu gekommen aber mich hat Abfahrt und Super-G schon immer mehr interessiert. Bis man 16 ist fährt man ohnehin alles. Abfahrt fährt man erst ab „Jugend“ bei den FIS Rennen. Die ersten Super-Gs hatten wir am Ende der „Schüler“ und da habe ich schon gemerkt, dass in den langen Kurven, das Gefühl für die langen Radien für mich besser ist. Die Geschwindigkeit und die Sprünge haben mir gefallen. Wir hatten dann als ich 16 war zweimal im Jahr eine Abfahrtswoche und da war ich bei Abfahrt oft besser als in den anderen Disziplinen. Aber man mußte im Slalom, Riesenslalom gut sein um in der Mannschaft zu bleiben und konnte dann auch Abfahrt fahren.

Meine Priorität lag immer auf Riesenslalom, weil man Riesenslalom öfter und einfacher trainieren kann und hier die Techniken für Super-G und Abfahrt besser trainieren kann.

Philipp: Wie sieht ein typischer Sommertrainingstag aus?

Andi: Ganz unterschiedlich, je nachdem was ansteht. Früher haben wir im Krafttraining oft Bein, Oberkörper, Rumpfkraft kombiniert. Heute machen wir gezielte Trainings für jedes Körperpartie. Krafttraining z.B. für die Beine, Rumpf oder Oberkörper startet meistens so um 08:30 mit einem langen Aufwärmprogramm von 30 – 45 Minuten. Das Ganze Training dauert ca. 3 Stunden, danach dann noch Physiotherapie und Mittagspause. Nachmittags dann eine regenerative Einheit wie z.B. 1 Stunde Ergometer oder 2 Stunden mit dem Rennrad locker ausradeln.

Wenn ich vormittags kein Krafttraining mache kann es sein, daß ich nachmittags Rumpf- oder Oberkörpertraining mache.

Nach einem Tag Krafttraining folgt im der Regel ein Tag Ausdauer. Entweder eine Bergtour, Joggen, oder mit dem Rennrad oder Mountainbike eine Runde fahren. Das dauert dann so 2 bis 3 Stunden.

Vormittags ist die längere Trainingseinheit, nachmittags dann in der Regel die Kürzere. So kombinieren wir die unterschiedlichen Trainings und nicht jeder Tag ist gleich. Insgesamt komme ich so auf ca. 5h Training pro Tag.

Fiona: Machst Du außer Skifahren noch anderen Sport?

Andi: Früher habe ich viel Fußball gespielt, was wir jetzt gerne mal zum Aufwärmen machen. Aber  das ist sehr gefährlich, daher mache ich das jetzt kaum noch. Tennis spiele ich noch ganz gerne. Das schaffe ich immer mal wieder, und es ist auch ein gutes Training weil man Koordination und Schnelligkeit zusammen trainiert. Wenn ich im Sommer Zeit habe, kommt noch Windsurfen dazu.

Philipp: Was gefällt die am Skifahren am besten?

Andi: Die Landschaft, in den Bergen zu sein, der Schnee, die Geschwindigkeit. Deswegen war die Abfahrt mit den Sprüngen auch immer interessant für mich, man ist vom Start bis in Ziel alleine für sich verantwortlich. So ein Einzelsport hat mich immer mehr inspiriert als ein Teamsport.

Auch die Vielseitigkeit gefällt mir, weil jede Piste, jede Strecke ist anders. Das Konditionstraining ist jedes Jahr, sogar jeden Tag anders. Man kann viel individuell machen, ganz verschiedene Trainingsmethoden also sehr abwechslungsreich.

Quelle: Facebook Andreas SanderPhilipp: Was machst Du in Deiner Freizeit?

Andi: Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie und unserem Hund. Wir gehen viel in der Natur und in den Bergen spazieren,  unternehmen etwas mit unserem Sohn oder machen auch mal eine lockere Fahrradtour an der Iller. Wenn schlechtes Wetter ist und ich im Winter ein Wochenende frei habe, dann lege ich mich auch gerne mal auf die Couch und schaue Wintersport.

Philipp: Wie viele Skitage hast Du im Jahr?

Andi: Da muß ich schätzen. Mit Trainings und Rennen komme ich auf 120 Skitage.

Fiona: Was war dein Lieblingshang im Sauerland?

Andi: Altastenberg bin ich eigentlich ganz gerne gefahren.

Philipp: Trainierst Du auch im Allgäu?

Andi: Ganz selten. Am Oberjoch haben wir ein kleines Trainingszentrum, das „Alpine Trainigszentrum Allgäu“. Da kann man kein Super-G oder Abfahrt trainieren, aber Riesenslalom. Das ist aber sehr selten, vielleicht 4 Skitage im Jahr.

Fiona: Wie sieht ein typischer Wintertrainingstag aus?

Andi: Sehr unterschiedlich, je nachdem wo wir trainieren und wie früh die Lifte aufmachen und welche Piste wir haben. Zwischen 6 und 7 Uhr Frühstück, dann ein Wirbelsäulenmobilisationsprogramm zum Aufwärmen, Dehnübungen. Danach gehen wir um ca. 8 Uhr zur Piste. Wenn wir Speed trainieren besichtigen wir die Strecke. Wie im Rennen versuchen wir uns die Strecke einzuprägen, weil es bei Speed immer wichtig ist die Wellen und Sprünge zu kennen und auswendig zu lernen. Dann fahren wir uns ein-, zweimal ein. Danach starten wir und machen so 4 bis 5 Trainingsläufe. Das geht dann so bis 11 Uhr. Dann Mittagspause und ggf. Physiotherapie. Nach dem Nachmittagstraining machen wir zur Regeneration oft Fahrradergometer, lockern, dehnen, manchmal Rumpfkräftigung, Oberkörperkräftigung. In der Regel 1,5 bi 2 Stunden Nachmittagsprogramm und Videoanalyse mit den Trainier, dann Abendessen und dann geht es am nächsten Tag wieder los

Quelle: Facebook Andreas SanderPhilipp: Wie sieht eine Regenerationsphase aus?

Andi: Im Sommer wenn wir viel Training haben und eine ganze Regenerationswoche machen trainieren wir auch, aber viel weniger intensiv. Meistens lassen wir das Krafttraining weg und trainieren regenerativ im Ausdauerbereich. Das heißt 1,5-2 Stunden Radfahren, aber ganz locker, so daß es nicht anstrengend ist. Viel dehnen, viel Blackroll, und Physiotherapie. Aber auch im Winter gibt es Tage wo ich mal keinen Sport mache, wenn wir zwischen mehreren Rennen zwei Tage Pause haben. Natürlich einen Tag die Woche auch im Sommer. Und da ist dann auch mal Pause angesagt und kein Sport.

Fiona: Was sind deine Ziele fürs nächste Jahr?Flug nach Chile Aug. '18 - Quelle: Facebook Andreas Sander

Andi: Ziele sind gerade schwer festzulegen, nach meiner Verletzung und der Operation vor 3,5 Monaten.

Normalerweise kann man nach 6 bis 7 Monaten wieder richtig Ski fahren, aber das kann auch 8 Monate dauern. Wenn alles nach Plan läuft sollte ich im August wieder zum Training nach Chile fahren können. Wenn ich im November wieder top fit bin, und im ersten Weltcup wieder Vollgas geben kann, wovon ich momentan ausgehe, dann hängt das natürlich auch ein bisschen von der Startnummer ab. Hier werde ich ein bisschen zurück fallen. Im Weltcup ist es immer wichtig, eine nicht zu späte Startnummer zu haben und daher ist es nach einer Verletzung nicht ganz einfach zu sagen was man für Ziele hat. Ich möchte möglichst da anknüpfen wo ich zuletzt war, auch wenn ich weiß, daß das nach eine Verletzung oft nicht direkt geht.

Es wäre schön in der nächsten Saison die Leistungen zu zeigen die ich letztes Jahr Anfang des Winters hatte. Vielleicht noch nicht am Anfang, aber Ende des Winters möchte ich in beiden Disziplinen wieder unter den Top 20 der Weltrangliste sein.

Fiona: Was war der schlimmste Skiunfall den Du hattest?

Andi: Ich hatte zum Glück noch nie einen schweren Sturz, zwar schwere Verletzungen weil die lange dauern. Das Kreuzband ist bei der Landung vom Sprung gerissen.

Mein schlimmster Sturz war bei der Ski-WM in 2011 in Garmisch Partenkirchen, da bin ich mit der Hand im Tor eingefädelt. War auch nicht schlimm aber dann bin ich ins Netz und habe mir das Innenband gerissen. Das hat mehr weg getan als der Kreuzbandriss.

Philipp: Gibt du den Kindern vom WSV etwas mit?

Andi: Gerne – wie ich am Reschenpaß beim WSV Lehrgang gesehen habe, gibt es viele motivierte Nachwuchsfahrer. Wer Spaß am Skifahren hat soll es auf jeden Fall weiter machen. Den Spaß, den der Skisport macht, mitnehmen. Die Natur hat mir viel gegeben. Auch der Wechsel nach Bayern ist eine Lebenserfahrung, das wird man nie bereuen.

 

Vielen Dank, das das Interview geklappt hat und Du uns so interessante Einblicke geben konntest.

Wir wünschen Dir weiterhin gute Genesung und dass Du Deine Ziele in der nächsten Saison erreichen kannst. Wir freuen uns schon darauf, dich wieder bei den Rennen im Fernsehen zu sehen und mitzufiebern.
Vielen Dank, das das Interview geklappt hat und Du uns so interessante Einblicke geben konntest.